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Seit dem das Gesetz Basaglia Entmündigten und Teilentmündigten das Wahlrecht zugestanden hat sind nun 40 Jahre vergangen. Trotz allem ist die Frage auch heute nicht vollständig gelöst, auch vielleicht aufgrund eines zu hastigen Gesetzeserlasses.
In der  Tat hat der Gesetzgeber im Jahr 1978 das Bedürfnis gesehen das Wahlrecht auch den Entmündigten und Teilenmündigten einzuräumen; dies aufgrund des damaligen verbreiteten Gebrauchs dieser Institute, auch gegenüber Personen, welche aufgrund von Problemen bei der Vermögensverwaltung, keine Beschränkungen bei ihren Entscheidungsfähigkeiten hinsichtlich des Wahlausübung hatten, so zum Beispiel bei Schizophreniekranken oder an Spielsucht Erkrankten.  
Auch wenn auf einer Seite die Initiative des Gesetzgebers ein lobenswertes Ziel bezweckt, hat diese auf der anderen Seite die Ausweitung des Wahlrechts auch auf Menschen ohne Fähigkeit der notwendigen Entscheidungsfähigkeit zur Folge (paradoxerweise hat nach dem Gesetz Basaglia auch ein Kompatient ein Recht das Wahlrecht auszüben). Daraus folgt das Risiko, dass ihre Stimme nicht frei und persönlich abgegeben wird, so wie es vom Art.48 der Verfassung vorgesehen ist. Diesbezüglich hat sich der Verfassungsgerichtshof im Jahre 1987 ausgesprochen (Corte Costituzionale, Urteil vom 30 September 1987, Nr.303), wobei der Antrag abgelehnt wurde. Die Region Sizilien hatte die Annullierung einer Kommunalwahl beantragt, bei der die Wahlstimmen von 5 Entmündigten für das Ergebnis der Wahl ausschlaggebend war. Der Verfassungsgerichtshof sollte entscheiden, ob die Wahl von Entmündigten verfassungsmässig ist oder nicht. Aufgrund einer erneuten Zählung der Wahlstimmen, wodurch sich eine Stimmenerhöhung von 6 Stimmen ergab, hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass mangels Interesse für die Entscheidung im konkreten Fall, eine Grundsatzentscheidung des Verfassungsgerichtshof unnützlich ist.

In verfassungsrechtlicher Hinsicht muss die Tatsache berücksichtigt werden, dass die Unterstützung durch eine Vertrauensperson in der Wahlkabine nur dann gestattet ist, wenn sie ausdrücklich vom Gesetz vorgesehen ist, zum Beispiel bei Blinden, bei Menschen mit Armamputationen, oder auch bei Menschen mit Lähmungen oder vergleichbaren Einschränkungen. Hingegen ist bei Menschen mit geistigen Krankheiten diese Unterstützung nicht vorgesehen. Der Präsident des Wahlsitzes, welcher sich einer  Person gegenüber sieht, die Unterstützung bei der Wahlausübung braucht, hat also nur die Möglichkeit das Wahlrecht zu verweigern, oder er verletzt das Gesetz, welches den Zugang von Dritten in der Wahlkabine vorsieht.  

Eine mögliche Lösung dieses Problems kommt von der Venedig Kommission, ein beratendes Organ des Europarates, welcher sich mit der Verbreitung der Demokratie durch Recht beschäftigt, welche in einem Kommentar über die Wahlpraxis im Jahr 2002  die Frage wie folgt beantwortet hat “No person with a disability can be excluded from the right to vote or to stand for election on the basis of her/his physical and/or mental disability unless the deprivation of the right to vote and to be elected is imposed by an individual decision of a court of law because of proven mental disability”   (keine Person mit einer Behinderung kann aufgrund seiner physischen oder psychischen Behinderung vom Wahlrecht und/oder vom Recht zu kandidieren, ausgeschlossen werden, ausser der Ausschluss ist im Einzelfall von einem Gericht entschieden worden).
Diese Lösung bewegt sich in die richtige Richtung, um Menschen mit psychischen Störungen das Recht auf Teilnahme an Wahlen zu garantieren, wodurch gleichzeitig das Risiko der Instrumentalisierung eines Behinderten, welcher nicht fähig ist eine eigene Wahl vorzunehmen, zu vermeiden. Zudem ist ein solches System in Italien, dank der Einführung des Instituts der Sachwalterschaft, leicht anzuwenden. Denn durch dieses Institut, wird   dem Vormundschaftsrichter ermöglicht eine individuelle Beurteilung der effektiven und wirklichen Fähigkeiten der Person vorzunehmen. In diesem Zusammenhang kann der Richter nicht nur über die Fähigkeit zu wählen entscheiden, sondern auch die bestmögliche  Art und Weise der Ausübung der Wahl festlegen, und somit den Präsidenten der Wahlkommission von der Problematik hinsichtlich des Zugangs in die Wahlkabinen der nicht autonomen Menschen mit  Beeinträchtigungen, die nicht zu den vom Gesetz vorgesehenen Fällen zuzuordnen sind, entlasten